Tag Archives: öffentlich-rechtlicher Rundfunk

Margaret Thatcher: Was bleibt von ihrer Medienpolitik?

Die in der Ära Thatcher getroffenen Entscheidungen haben das britische Rundfunksystem entscheidend geprägt.

Am 8. April verstarb Margaret Thatcher. Von 1979 bis 1990 prägte die konservative britische Premierministerin in drei aufeinanderfolgenden Regierungsperioden eine politische Ideologie, die als Thatcherismus in die Geschichte eingegangen ist. Wenn es in vielen der aktuellen Nachrufe um die Auswirkungen und Bewertung ihrer neoliberalen Politik auf die britische Gesellschaft, Thatchers eher kritische Position zur deutschen Wiedervereinigung und die Europaskepsis der Tories geht („I want my money back“), wird dabei ihr bis heute nachwirkender Einfluß auf die Gestaltung des britischen Mediensystems, die BBC, ITV und Channel 4 außer Acht gelassen.

Dieser Beitrag lässt die wichtigsten Eckpunkte der Medienpolitik der Thatcher-Regierung mit einem Augenmerk auf deutsch-britische Interdependenzen Revue passieren. Am Ende findet sich eine Bewertung, welche der von ihrer Regierung angestoßenen Initiativen heute noch zum Tragen kommt. Was bleibt von der Medienpolitik der Thatcher-Regierung? Continue reading

WikiGTV — Grundversorgung nach Wiki-Manier

Vortrag auf dem netzpolitischen Abend der Digitalen Gesellschaft auf der c-base am 2. April 2013.

Die medial Grundversorgung durch öffentlich-rechtliche Anstalten steht dieses Jahr nicht nur durch den neuen Haushaltsbeitrag auf der Tagesordnung. Wie eine Enzyklopädie ist Grundversorgung ein komplexes, voraussetzungsvolles ‘Wissensformat’ mit umfassendem Anspruch. Und die können in hoher Qualität nur von Experten erstellt werden. Tatsächlich? Wikipedia hat gezeigt, dass das auch in einer freiwilligen, offenen, verteilten, meritokratischen, spendengestützten und freilizenzierten Kooperation von Gleichen im Netz möglich ist. WikiGTV fragt, ob auf diese Weise auch Grundversorgung angeboten werden kann.

WikiGTV ist ein Experiment. Dazu werden für eine Grundversorgung relevante Beiträge aus dem Netz kuratiert und zunehmend auch produziert. Wie bei der Wikipedia entstehen aus der Diskussion darüber Kriterien für ‘Grundversorgungshaftigkeit’, Relevanz und Qualität. Wie bei ihr bilden sich redaktionelle Prozesse heraus. Wie bei ihr wird WikiGTV von Forschung begleitet. Auf den Schultern der Wikipedia richtet sich WikiGTV vor allem auf den Wissensraum der bewegten Bilder: Wie lassen sich Videos nach dem Wiki-Prinzip in kleinen Schritten verbessern und ergänzen? Welche neuen Verknüpfungen zwischen Videos und zwischen Bild und Text sind möglich? Wie verhalten sich Aktualität und Hintergrund? Erlauben Ökonomie und Rechte von Video eine freie Nutzung?

WikiGTV wird betrieben vom Projekt ‘Grundversorgung 2.0’ des Zentrums Digitale Medien an der Leuphana Universität Lüneburg und lädt in Kürze an dieser Stelle zur Mitarbeit ein.

Rot-Grün in Niedersachsen will eine “Medienpolitik für Transparenz, Teilhabe und Meinungsvielfalt”

Nach dem knappen Wahlsieg in Niedersachsen haben SPD und und Bündnis’90/Die Grünen ihre Koalitionsvereinbarung vorgelegt. Mit mehr Beteiligung und Transparenz wollen sie den “obrigkeitsstaatlichen Politikstil” in Niedersachsen austreiben. Für eine Grundversorgung mit schnellen breitbandigen Internetverbindungen und für Open Data werden sich die Regierungspartner ebenso einsetzen wie für Freie Software und Datenschutz.

Ganz oben, bei der Staatskanzlei, und deshalb ganz vorne in der Koalitionsvereinbarung steht die “Medienpolitik für Transparenz, Teilhabe und Meinungsvielfalt”. Hier sticht die Ankündigung hervor, sich für “ein werbefreies öffentlich-rechtliches und zeitlich unbegrenztes Vollangebot im Internet” einzusetzen, ergo für ein Ende des Depublizierens. Der kurze Abschnitt wird unten im Volltext wiedergegeben.

Mathias Schindler erkennt auf Carta in der Koalitionsvereinbarung “eine mild netzfreundliche Haltung”. Zuvor hatte Schindler Wahlprüfsteine von Wikimedia Deutschland bei den niedersächsischen Parteien abgefragt. Die Wahlkampfantworten zum Schwerpunkt “Staatliche Werke” findet er weitgehend in der Absichtserklärung der neuen Landesregierung wieder. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt aus netzpolitischer Sicht Tobias Schwarz auf Politik-digital.de. Beide sehen jedoch Abstriche beim Urheberrecht und in der Bildung. Continue reading

Wettbewerb in der öffentlichen Rundfunkfinanzierung

Die geringe Akzeptanz der Haushaltsabgabe rechtfertigt es, Überlegungen hinsichtlich der Einführung eines Wettbewerbselements in der öffentlichen Rundfunkfinanzierung wieder aufzunehmen.

Am 2. Mai 1924 begrüßte der Intendant der Nordischen Rundfunk AG (NORAG) Hans Bodenstedt zum ersten Mal offiziell die damals 896 zahlenden Hörer der NDR- und WDR-Vorgängerorganisation, und, wie Bodenstedt ironisch bemerkte, die vielen „ungezählten Schwarzhörer, die ungeduldig darauf warten, ihren Obolus zahlen zu können“.

Am 1. Januar 2013, mit der Einführung der Haushaltsabgabe, die die Rundfunkgebühr ablöst, ist es nun endlich so weit. Es darf allerdings bezweifelt werden, dass die Schwarzhörer und Schwarzseher, die 2,3 Millionen Menschen, die bislang nur die Drittelgebühr für Radio und Computer zahlten, und die 800.000 Menschen, die bislang aus gesundheitlichen Gründen von der Rundfunkgebühr befreit waren, allzu ungeduldig darauf gewartet haben, endlich die neue Abgabe entrichten zu dürfen. Laut einer aktuellen Studie von Robert Schlegel und Wolfgang Seufert von der Universität Jena liegt die durchschnittliche Zahlungsbereitschaft für öffentlich-rechtliche Medien lediglich bei etwa der Hälfte der tatsächlichen monatlichen Abgabe von 17,98 €. Continue reading