2013 wird ein Schlüsseljahr für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Die Umstellung auf die Haushaltsabgabe wirft nicht nur die Frage der Finanzierung auf, sondern die, welche mediale Grundversorgung wir uns als Gesellschaft leisten wollen. Wenn voraussichtlich Anfang des Jahres ARD und ZDF ihre Bezahlplattform “Germany’s Gold” starten, wird es um den Archivzugang gehen. Das ebenfalls im Frühjahr erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Staatsferne des ZDF-Fernsehrats wird die Gremienaufsicht zum Thema machen.
Als Beitrag zu dieser Debatte über die Zukunft öffentlich-rechtlicher Medien legt “Grundversorgung 2.0” nun Thesen zur medialen Grundversorgung im Internet-Zeitalter vor. Darin nähert sich das Forschungsprojekt des Zentrums für digitale Kulturen an der Leuphana Universität Lüneburg dem Themenfeld in seinen grundlegenden Dimensionen: Wenn sich der Grundversorgungs-Auftrag aus seiner demokratiefördernden Funktion begründet und eine qualifiziert Öffentlichkeit herstellen soll, wie muss er sich ändern, wenn sich durch das Internet Demokratie und Öffentlichkeit verändern? Welche Inhalte gehören zur Grundversorgung, welche nicht? Was macht die besondere Qualität öffentlich-rechtlicher Programme im Vergleich zu anderen aus? Wie verhält sich die öffentliche Informations- und Wissensinfrastruktur zur zunehmenden Ökonomisierung? Wie ist es um Medienforschung und Medienpolitik bestellt? Was bedeutet der medientechnologische Wechsel von der Mangelressource Spektrum zu den stetig wachsenden Bandbreiten des Internet für die Regulierung? Wenn das Internet die Erwartungen an Transparenz und Partizipation erhöht hat, wie sieht dann eine gesellschaftliche Repräsentation bei der Organisation öffentlich-rechtlicher Medien im 21. Jahrhundert aus?
Die Thesen verstehen sich nicht als ausgearbeitete Reformvorschläge, sondern als Einladung zur Diskussion. Dafür bieten sie Argumente und Materialien an, um diese zu fundieren und ins Konstruktive zu wenden. Darüber hinaus dienen die Thesen dem Grundversorgungs-Team als Landkarte für Forschung und Experimente. Die eingegangenen Diskussionsbeiträge werden ausgewertet und zusammen mit den Forschungsergebnissen dazu verwendet, die Thesen in der jeweils nächsten Version zu schärfen, auszudifferenzieren und auf Umsetzbarkeit hin zu fokussieren.
Mediale Institutionen des öffentlichen Vertrauens sind wichtiger denn je. Durch den digitalen Medienwandel müssen die grundgesetzliche Rundfunkfreiheit und das Grundversorgungsmandat neu ausgehandelt werden. Was bleibt ist, dass sie ihre der Demokratie, der Gemeinschaft dienenden Aufgaben nur erfüllen können, wenn sie unabhängig von den Begehrlichkeiten des Staates und den Zwängen des Marktes bleiben und wenn sie eine breite Akzeptanz findet. Nur so lässt sich die Übereinkunft ‘Geld von allen gegen Programm für alle’ weiter aufrecht erhalten. Vor einem neuen Staatsvertrag braucht es einen ‘Gesellschaftsvertrag’, in dem die Bürger die öffentlich-rechtlichen Medienangebote zu ihrer Sache machen. Die Voraussetzungen dafür sind 2013 so gut wie nie zuvor.