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“Quo vadis, BBC?” – CDC-Mitarbeiter diskutieren mit Charlie Beckett über die Perspektiven des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Der Skandal um den verstorbenen BBC-Moderator Jimmy Saville, journalistische Versäumnisse und ein misslungenes Krisenmanagement – die ehrwürdige BBC, die Wiege des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, erlebte 2012 die schwerste Krise ihrer Geschichte.

Weniger als einen Monat nach der Übernahme des Postens des BBC-Generaldirektors durch Tony Hall diskutierten Charlie Beckett, Gründungsdirektor des an der London School of Economics angegliederten Think Tanks POLIS, Christian Potschka, Kommunikationswissenschaftler im Projekt “Grundversorgung 2.0” des Zentrums Digitale Kulturen (CDC) an der Leuphana Universität Lüneburg, und Leonard Novy, Mitglied der Leitung des Instituts für Medien- und Kommunikationspolitik (IfM) und Gastwissenschaftler am CDC, am 30. April über Zustand und Zukunft der BBC.

In einem medienpolitischen Kolloquium des IfM gab Beckett, der im Laufe seiner über 20-jährigen Karriere als Journalist auch für die BBC arbeitete, Einblicke in die Ursachen (und den Umgang mit) einer Krise, die weit über individuelle und redaktionelle Fehlleistungen hinausgeht. Die ihnen zugrundeliegenden strukturellen Probleme gepaart mit grundlegenden technologischen wie gesellschaftlichen Veränderungen berühren letztlich die Zukunftsfähigkeit und soziale Legitimation einer Institution. Sie ist nun gezwungen, sich zu modernisieren und ihre Organisations- und Aufsichtsstrukturen zu reformieren. Eine Herausforderung, die, wie Christian Potschka betonte, sich auch für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland stellt.

Eine wesentliche Aufgabe für Medienpolitik und Öffentlich-Rechtliche auf beiden Seiten des Kanals besteht laut Beckett darin, in einer sich diversifizierenden Multimedia-Landschaft ohne Frequenzknappheiten den „Case“ für Public Service zu machen. Neue Akteure seien hinzugetreten, deren Inhalte unzweifelhaft „public value“ böten. So liefere BSkyB einen exzellenten Nachrichtenkanal und, in Form von Sky Arts, ein umfassendes Kulturangebot, während Anbieter wie Netflix in herausragende fiktionale Programme investieren. Dazu kämen Wikipedia und alternative Formen der Finanzierung und Produktion von (investigativem) Journalismus wie pro publica. Entsprechende Angebote machten Public Service-Angebote noch lange nicht obsolet. Doch stelle sich die zentrale strategische Frage, wie sich Public Service Medien solchen Entwicklungen und Akteuren gegenüber verhalten und wie sie ebendiese durch eine Kultur der Offenheit bzw. – wo sinnvoll – eine Einbindung im Sinne des „networked journalism“ für ihren Auftrag zu nutzen in der Lage sind, um den Anschluss an neue technologische und gesellschaftliche Realitäten nicht zu verlieren.