Nachrichtenkonferenz

Neueste Nachrichten.
Journalismus in der digitalen Medienkultur

Lüneburg, 9. und 10. Oktober 2014
Campus Rotes Feld, Wilschenbrucher Weg, Hörsaal 3

Ausgerichtet vom Forschungsprojekt Grundversorgung 2.0 des Innovations-Inkubators am
Centre for Digital Cultures (CDC), Leuphana Universität Lüneburg

Der Besuch der Konferenz ist kostenfrei. Um eine verbindliche Anmeldung bis zum 02. Oktober 2014 wird gebeten.

In einer sich ausdifferenzierenden und zunehmend unübersichtlichen Kommunikationslandschaft hat der professionelle, redaktionell organisierte Journalismus neue Mitspieler erhalten. Gleichwohl ist er nach wie vor ein zentraler Faktor für gesellschaftliche Selbstverständigung. Bis zum Ende der 1990er Jahre gab es für Konsumenten, die über das aktuelle Zeitgeschehen informiert sein wollten, keinen Weg vorbei an Zeitung und Rundfunk. Diese publizistischen Monopole sind mit der offenen Architektur des Internet und dem Aufkommen einer Vielzahl neuer Angebote und Formen der Kommunikation gefallen. Das Spektrum der Online-Nachrichten reicht von Google News über den User-generated Content Einzelner bis hin zur automatisierten Auslese und Produktion journalistischer Inhalte. Unter den Bedingungen des „kommunikativen Überflusses“ (John Keane) verändern sich der Marktwert und der gesellschaftliche Nutzen von Nachrichten grundlegend. Eine offene Frage ist, welche Nachrichtenformen und -kanäle in einer nicht mehr allein von Massenmedien bestimmten Öffentlichkeit Relevanz entwickeln können.
Die Konferenz „Neueste Nachrichten“ soll Zustand und Zukunft journalistischer Nachrichtenproduktion aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchten. Sie bietet Gelegenheit, aktuelle Projekte und empirische Erkenntnisse vorzustellen, deren Folgen für den Journalismus zu diskutieren und theoretische Kontroversen auszutragen.

Vimeo-Kanal: Neueste Nachrichten

09.10.2014
11.00 Get together

11.45 Eröffnung durch Prof. Dr. Andreas Bernard (Leuphana, CDC)

12.00 bis 13.30 Uhr – Neue Nachrichtenkanäle und -plattformen
Nachrichten konstruieren Weltbilder, und Weltbilder beeinflussen die Definition und Auswahl von Nachrichten. Der Nachrichtenjournalismus verändert sich unter dem Einfluss des technischen und gesellschaftlichen Wandels, der affirmativ oder kritisch-angstbesetzt als „digitale Revolution“ bezeichnet wird. Konzepte und Wahrnehmung von Nachrichten unterliegen Veränderungen, die in verschiedene Richtungen streben. In der Eröffnungs-Session der Konferenz werden sehr unterschiedliche Beispiele für Online-Nachrichten vorgestellt. Es geht um das globale, das hyperlokale, das offiziöse Weltbild, die Nachricht im Spiel und um selbstlernende News-Robots.

  • Moderation: Stefan Heidenreich (Leuphana, CDC)
  • Teilnehmer: Jan Hildebrandt (Eimsbütteler Nachrichten) Präsentation, Christoph Ebner (SWR) Präsentation, Prof. Dr. Stephan Weichert (Macromedia Hochschule und Hamburg Media School). Der von Stefan Heidenreich vorgestellte Twitter-Monitor.

14.30 bis 16.00 Uhr – Nachrichten auf Wunsch? Das Nachrichtenpublikum.
Nachrichten sind die Folge von Publikationsentscheidungen (Joachim Friedrich Staab), aber seit Walter Lippmann stehen Nachrichtenproduzenten in einer zumindest imaginierten Wechselbeziehung mit den Rezipienten. Wird diese Beziehung unter den Bedingungen der Internet-Kommunikation real, gibt es also ein Re-entry des Publikums in die Nachrichtenauswahl? Der Nutzereinfluss erstreckt sich auch auf früher unbekannte Formen der Individualisierung, der De- und Rekontextualisierung und der Aggregation; User-generated News erzeugen einen Long Tail von Nachrichtenangeboten, viele davon werden kaum genutzt. Nutzer interagieren auch mit Nachrichten. Zunehmende Vielfalt, die von einer zunehmenden Fragmentierung der Nutzung und der Publikumssegmente begleitet ist, lässt schließlich nach dem gesellschaftlichen Nutzen der Nachrichten sowie ihrer Relevanz für den Alltag von Individuen fragen.

  • Moderation: Prof. Dr. Hermann Rotermund (Leuphana, CDC)
  • Teilnehmer: Alexander von Streit (Vocer, Krautreporter) Präsentation, Dr. Florian Kerkau (Goldmedia Research) Präsentation, Judith Mühlenhoff (User Research Lab) Präsentation, Dr. Jan Hinrik Schmidt (Hans-Bredow-Institut) Präsentation.

16.30 bis 18.00 Uhr – Open-Data und investigativer Journalismus.
Open-Data-Initiativen öffentlicher Einrichtungen verbreiten sich weltweit rasant. Als Treiber für den Drang nach mehr Transparenz und Offenheit wirken dabei einerseits wirtschaftspolitische, andererseits demokratietheoretische Potentiale. Doch ermöglichen Open-Data-Initiativen wirklich eine bessere Berichterstattung über Vorgänge und Prozesse in Politik und öffentlicher Verwaltung, und was unterscheidet diese Initiativen als Zugangsmöglichkeit zu öffentlichen Daten von dem Zugang über bestehende Informationsfreiheitsgesetze? Welchen Wert haben die veröffentlichten Datensätze letztendlich für die journalistische Arbeit und insbesondere die investigative Berichterstattung? Diese und weitere Fragen werden Wissenschaftler gemeinsam mit Daten- und InvestigativjournalistInnen diskutieren. Als Diskussionsimpuls stellen Christian Heise und Christian Herzog die Ergebnisse einer explorativen Befragung zm Panelthema vor.

18.30 Uhr, Medienwandel – Einstellungswandel
Vortrag von Michael Haller (Leiter des Think Tank Journalismusforschung an der Hamburg Media School), Ort: Lüneburger Wasserturm.
Wie denken die jungen Erwachsenen der „Generation Y“ über Medien und Information? Vielleicht so: Die Nachricht erreicht mich sowieso über Social Media, sofern sie wichtig ist. Ich kann dem Journalismus und seiner Wichtigtuerei sowieso nicht mehr vertrauen. Und: Zeichnen die etablierten Medien nicht ein ganz anderes Bild der Wirklichkeit, als ich sie erlebe? Viele junge Erwachsene zeigen sich ratlos: Auf was soll ich meine Meinungsbildung in Sachen Politik und Wirtschaft eigentlich stützen?
In einer umfassenden Erhebung hat der Referent mit seinem Forscherteam Informationsverhalten und Medienvertrauen der „Digital Natives“ im Jahr 2014 untersucht. In seinem Vortrag gibt er Einblicke in erste Ergebnisse und diskutiert Folgerungen, die zu ziehen sind, wenn wir an der Idee einer informierten Gesellschft festhalten wollen.

10.10.2014
09.30 Uhr Get together

10.00 Grußworte des Präsidenten der Leuphana Universität Lüneburg, Prof. Dr. Sascha Spoun

10.15 bis 11.45 Uhr – Nachrichten als Code. Technik als Entwicklungstreiber des Journalismus.
Das Internet verändert Verbreitungsformen von Nachrichten und deren Rezeption. Es verbindet unterschiedliche Plattformen, Formate und Kanäle und erzeugt damit auch neue Öffentlichkeiten. Klassische Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsmuster stehen in Frage, tradierte Arbeitsroutinen werden herausgefordert. Lange hinkten die traditionellen Trägerorganisationen des Journalismus dem kulturellen und gesellschaftlichen Wandel hinterher. Sie verstanden Journalismus auch im Netz als „Kulturpraxis linearer Informationsvermittlung“ (Leif Kramp) und machten ansonsten weiter wie bisher. Heute gibt es immer mehr datenjournalistische Projekte. Multimediale journalistische Darstellungsformen und der Echtzeitjournalismus personalisierter Timelines finden zusehends Zuspruch.
Wie beeinflusst der technologische Fortschritt die Produktion, Kuration und Rezeption journalistischer Inhalte? Was können Computer? Was nicht? Welche praktischen und ethischen Anforderungen ergeben sich aus der algorithmenbasierten Berichterstattung für Journalisten und Programmierer? Brauchen wir in Zukunft überhaupt noch Journalisten? Und wenn ja, welche?

  • Moderation: Stefan Heidenreich (Leuphana, CDC)
  • Teilnehmer: Prof. Dr. Katherine Sarikakis (Universität Wien), Prof. Dr. Bernd Blöbaum (Universität Münster), Prof. Dr. Margareth Lünenborg (FU Berlin), Christoph Dowe (ZEIT online) Präsentation.

12.00 bis 13.30 Uhr – News online. Projekte aus der digitalen Praxis.
Klassische Nachrichten sehen sich der Konkurrenz neuer Kanäle, Formate und Inhalte der Berichterstattung gegenüber. Damit bieten sich allerdings auch Chancen. Wer unter den neuen technologischen und gesellschaftlichen Bedingungen erfolgreich journalistische Formen entwickelt, kann sich in dem verändernden Umfeld eine starke Position sichern. Die Lage ist so offen, wie schon lange nicht mehr. Etablierte Institutionen wagen sich selten an experimentelle Formate. Das Netz dagegen bietet einen Freiraum für eine Vielzahl neuer Nachrichten. Im Rahmen einer Lab-Session werden aktuelle Projekte vorgestellt und deren Implikationen für den Journalismus diskutiert.

14.30 bis 16.30 Uhr – Die Nachrichtenerzählung. Narrative und Erzählformen.
Welche Narrative und Rhetoriken (bzw. im audiovisuellen Bereich Bildsprachen und Dramaturgien) entsprechen den durch das Internet geschaffenen globalen Erfahrungswelten? Wenn Nachrichten Fakten durch Erzählungen konstruieren, kommt es weniger darauf an, was ausgewählt wird, um als Meldung im Nachrichtenfluss vorzukommen. Vielmehr geht es darum, wie das zu Vermittelnde präsentiert wird. Welche Rolle spielen dabei Mechanismen der Faszination und Transportation? Können News-Games Medienerfahrungen auf einem neuen Level zusammenführen? Ermöglichen Big-Data-Repositorien die Konstruktion von Erzähl-Robotern: „With enough data, the numbers speak for themselves“ (Chris Anderson)?

5 Responses to Nachrichtenkonferenz

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