Das Büro für Technikfolgenabschätzung hat Ende Oktober eine Studie zum Thema Medienkonvergenz und Medienregulierung veröffentlicht. Ausgehend von der Frage, inwieweit die heutige Gesetzgebungslage in Deutschland der Mediensituation überhaupt noch gerecht werden kann, wurde die Konvergenz von Presse, Radio, Fernsehen und Internet sowie deren Funktion als Leitmedium untersucht. In Betracht gezogen wurden dabei die technische Versorgung, die Reichweite und Nutzung der einzelnen Medien.
Ein Ergebnis der Studie ist, dass Deutschland über eine relativ gute Versorgung mit Breitband verfügt. Über 98% der Bevölkerung haben die Möglichkeit, Internet mit Durchsatzraten von 1 MBit/s, mehr als 90% mit mit Durchsatzraten von mehr als 2 MBit/s zu nutzen. Das entspricht einem sehr hohen Versorgungsstandard. Dennoch sind bereits jetzt Überlastungen des Netzes zu beobachten. Im internationalen Vergleich liegt Deutschland jedoch mit seinen Plänen für einen Breitbandausbau zurück. Vor allem der Ausbau mit Glasfaser wird nicht konsequent genug verfolgt und ist noch am Anfang. Auf der politischen Ebene gibt es im Bereich der Medien- und Internetpolitik großen Handlungsbedarf.
Trotz der flächendeckenden Breitbandversorgung nutzen nur etwa zwei Drittel der Bevölkerung überhaupt Breitband. Ein Viertel der Bevölkerung hat überhaupt keinen Internetanschluss. Dieser Sockel der Nichtnutzung wird nach Einschätzung der Autoren auch in Zukunft bestehen bleiben. Die Nutzung des Internets hängt außerdem vom Alter ab. Je nach Lebensabschnitt gewinnen andere Mediengattungen wie beispielsweise die Tageszeitung wieder an Bedeutung.
Aber nicht nur die technische Reichweite steht dem Internet als Leitmedium entgegen. Auch kann das Internet keine Vermittlerrolle spielen, die notwendig ist, um eine zentrale Rolle im Meinungsbildungsprozess einzunehmen. Inhalte im Netz sind nur bedingt strukturiert und es gibt nur eingeschränkte Orientierungsmöglichkeiten, um die Aufmerksamkeit der Nutzer auf zentrale Inhalte zu lenken und somit eine Öffentlichkeit im Sinne eine Leitmediums zu schaffen.
Laut Studie hat immer noch das Fernsehen die größte Reichweite und sogar eine steigende Nutzungsdauer. Zwar gewinnen Onlinemedien unter den jüngeren Bevölkerungsgruppen immer mehr an Bedeutung, wodurch die Funktion des Mediums Fernsehen als Leitmedium allmählich schwindet, da aber Fernsehsender ihre Inhalte online zur Verfügung stellen führt diese Verschränkung dazu, dass Fernsehinhalte immer noch die Spitzenposition in der Mediennutzung einnehmen. Insgesamt gibt es die Beobachtung, dass Fernsehinhalte im Netz sich einer immer größeren Beliebtheit erfreuen. Dieser Umstand gibt Anlass zu vielen Spekulationen über die Zukunft des Fernsehens.
Die Autoren stellen dabei fest, dass die Konvergenz auf technischer sowie Nutzungs- und Angebotsebene den heutigen Rundfunkbegriff nicht mehr rechtfertigen.
Aber auch die Konzentrationskontrolle und Internetpräsenz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird der Situation, die durch die Mechanismen im Internet vorgegeben werden, nicht mehr gerecht. So werden im klassischen Medienbereich monopolistische Tendenzen wie beispielsweise der Versuch des Axel-Springer-Verlags, die Sendergruppe ProSiebenSat.1 zu übernehmen, von der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich und dem Bundeskartellamt überwacht. Ähnliche Mechanismen, die Plattformangeboten von Google, Facebook oder iTunes entgegenstünden, gibt es nicht. Auch hier sehen die Autoren Handlungsbedarf.
Ebenfalls wird in der Studie der Umgang mit öffentlich-rechtlichen Inhalten im Internet moniert. Da durch öffentlich-rechtliche Sender ins Netz gestellte Bewegtbilder dem Rundfunkstaatsvertrag unterliegen, müssen diese nach einer bestimmten Zeit entfernt werden, von Verlagen ins Netz gestellte Bewegbilder hingegen nicht. Eine solche Ungleichbehandlung eines nach außen hin ähnlich gelagerten Sachverhalts stiftet Verwirrung und erzeugt Unmut: Beim Nutzer Unmut, weil er für öffentlich-rechtliche Inhalte Gebühren zahlt, auf der anderen Seite bei den Verlagen, die sich über gebührenfinanzierte Inhalte im Netz beklagen, die den Wettbewerb verzerrten. Das Depublizieren öffentlich-rechtlicher Inhalte wirkt sich darüber hinaus auch negativ auf die Gesamtqualität der Inhalte aus.
Im Hinblick auf eine mögliche Neuregelung der Medienregulierung kommt die Studie jedoch zu einem erstaunlichen Ergebnis. Obwohl an zahlreichen Stellen festgestellt wurde, dass im Internet die Grenzen zwischen Print, Radio und Fernsehen immer verwischen und eine Abgrenzung der einzelnen Mediengattungen in technischer, politischer, juristischer aber auch in der Art der Nutzung immer schwieriger wird, wird der Schluss gezogen, die Trennung zwischen Telekommunikations- und Medieregulierung müsse aus innovationspolitischen Gründen aufrecht erhalten werden, um flexibler auf neue medialen Mischformen reagieren zu können.
Insgesamt kommt die Studie zu wenig überraschenden Ergebnissen (mit Ausnahme des letztgenannten Punktes). Durch ihren Umfang und als Handlungsempfehlung für die weitere Netzpolitik ist sie dennoch sinnvoll, um die aktuelle Problematik der Medienregulierung in voller Breite darzustellen.
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