Felix Stalder: Die Politik der Digitalität. Zwischen Postdemokratie und Commons

Vortrag von Felix Stalder – “Die Politik der Digitalität. Zwischen Postdemokratie und Commons” – am 04. März 2015 beim Grundversorungs 2.0 Lab am Cent­re for Di­gi­tal Cul­tu­res, Leuphana Universität Lüneburg. Sein neues Buch – Kultur der Digitalität – das er hier vorgestellt hat, ist inzwischen bei Edition Suhrkamp angekündigt für Oktober 2015.

Ankündigung
Mit der Aus­brei­tung des In­ter­nets zum Mas­sen­me­di­um nach der Jahr­tau­send­wen­de wur­den kul­tu­rel­le Pro­zes­se do­mi­nant, die geprägt sind da­von, dass im­mer mehr Men­schen ak­tiv an der Aus­hand­lung der Fra­gen, was rich­tig und wich­tig ist, teil­neh­men. Die dar­aus re­sul­tie­ren­de Kom­ple­xität und Viel­stim­mig­keit bringt vie­le eta­blier­te kul­tu­rel­le und po­li­ti­sche Ord­nungs­sys­te­me, die schon lan­ge un­ter Stress stan­den, endgültig an die Gren­ze ih­rer Leis­tungsfähig­keit.

Zwei Ten­den­zen er­ge­ben sich dar­aus. Zum ei­nen wer­den neue Ord­nungs­sys­te­me ge­schaf­fen, die die Ebe­ne der Be­tei­lung von der Ebe­ne der Ent­schei­dun­gen tren­nen. Die kom­mer­zi­el­len so­zia­len Mas­sen­me­di­en (Face­book, Goog­le etc.) repräsen­tie­ren die­se Ten­denz ge­ra­de­zu ide­al­ty­pisch. Alle können teil­ha­ben, aber nur ein ex­tre­me klei­ner Kreis kann jene Ent­schei­dun­gen fällen, die alle be­tref­fen. Sie sind aber nur die klars­te Aus­for­mu­lie­rung ei­ner um­fas­sen­den Ten­denz zur „Post­de­mo­kra­tie“ als Fol­ge des ge­sell­schaft­li­chen Wan­dels.

Die zwei­te Ten­denz geht in Rich­tung des Auf­baus neu­er In­sti­tu­tio­nen, die eine neue For­men der Mas­sen­par­ti­zi­pa­ti­on auch und ge­ra­de auf der Ebe­ne der struk­tu­rel­len Fra­gen ar­ti­ku­lie­ren. Die­se Ten­denz lässt sich un­ter dem Stich­wort der Com­mons/Al­lmen­de fas­sen. Aus­ge­hend von den Er­fah­rung in di­gi­ta­len Ge­mein­schaf­ten (freie Soft­ware, Wi­ki­pe­dia etc.) wer­den zu­neh­mend auch neue For­de­run­gen an be­ste­hen­de In­sti­tu­tio­nen ar­ti­ku­liert, etwa in Be­zug auf Open Data, die Re­kom­mu­na­li­sie­rung der En­er­gie­net­ze und/oder der Neu­kon­ze­pie­rung von öffent­li­chen Dienst­leis­tun­gen wie etwa öffent­lich-recht­li­cher Rund­funk.

Felix Stalder ist Pro­fes­sor für Di­gi­ta­le Kul­tur und Theo­ri­en der Ver­net­zung in Zürich, Vor­stands­mit­glied des World In­for­ma­ti­on In­sti­tu­te in Wien und langjähri­ger Mo­dera­tor der in­ter­na­tio­na­len Mai­ling­lis­te . Er beschäftigt sich mit dem Wech­sel­verhält­nis von Ge­sell­schaft, Kul­tur und Tech­no­lo­gi­en und forscht u.a. zu Netz­kul­tur, Ur­he­ber­recht, Com­mons, Pri­vat­sphäre, Kon­troll­ge­sell­schaft und Sub­jek­ti­vität.

Zu­letzt er­schie­ne­ne Bücher: Deep Se­arch: The Po­li­tics of Se­arch Bey­ond Goog­le (2009), Ver­ges­se­ne Zu­kunft: Ra­di­ka­le Netz­kul­tu­ren in Eu­ro­pa (2012), Cul­tu­res and Ethics of Sharing (2012), Di­gi­tal So­li­da­ri­ty (2013) und Der Au­tor am Ende der Gu­ten­berg Ga­la­xis (2014).

Blog von Fe­lix Stal­der: felix.openflows.com

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